Fluidität und Transformation in der alevitischen Bewegung in Österreich
Dieses Forschungsprojekt untersucht die Neufassung der türkisch-alevitischen Glaubenspraxis in Österreich im Kontext der Anerkennungspolitik. Eine solche Anerkennung durch den Staat anzustreben erzwingt eine ausdrückliche Bewertung fundamentaler Merkmale der alevitischen Glaubenspraxis, etwa das Verhältnis zum Islam, zur Türkei, zu der Schia und zur modernen Welt. Dies kann wiederum zu kontroversen Auffassungen über den angemessenen Zukunftsweg für Aleviten führen. In der Tat erleben wir das Aufkommen mehrerer unterschiedlicher Fraktionen innerhalb der Gemeinschaft, die für neue Interpretationen einer angemessenen Glaubenspraxis stehen. All diese Bewegungen sehen sich jedoch mit demselben, grundlegenden Dilemma konfrontiert: Wie ist es möglich, in Österreich eine religiöse Tradition, die über Jahrhunderte in Anatolien Gestalt annahm, in einer Weise zu lehren, die Generationen von Schülern überzeugen kann, die nichts über diese Ursprünge wissen?
David Shankland ist Direktor des Royal Anthropological Institute und Ehrenprofessor für Anthropologie am University College London. Er studierte Sozialanthropologie an der University of Edinburgh, bevor er zu Cambridge University wechselte, um bei Ernest Gellner zu promovieren. Der Schwerpunkt seiner Forschung war die ländliche Türkei, was zu einer langfristigen Studie des gesellschaftlichen Wandels und der Migrationsbewegungen in der alevitischen Bevölkerung führte. Diese Forschung setzt er als an der Universität Bamberg verbeamteter Humboldt Fellow fort. Parallel zu dieser empirischen Arbeit hat Shankland auch die moderne Geschichte und Philosophie der Anthropologie eingehend erforscht, insbesondere die Zeit von etwa 1890 bis 1950, als sich deutliche disziplinäre Grenzen herauszubilden begannen. Diese Arbeit ergab eine Reihe von Studien über bestimmte Figuren in diesem Forschungsbereich, wie etwa E. Westermarck, J. L. Myers, F. Hasluck und seine Frau M. Hasluck sowie E. Evans-Pritchard, aber auch Wissenschaftler der jüngeren Zeit, etwa Ernest Gellner, Paul Stirling und Karl Popper.
with David Barchard, Turkey. A Very Short Introduction, Oxford (in preparation); »Evans-Pritchard and Marett: or How E-P Found a Job«, in: Andre Singer (Hrsg.), A Touch of Genius. The Life, Work, and Influence of E. Evans-Pritchard, 2023; »Segmentary Lineage Systems Re(re)considered. The Example of the Alevis of Anatolia«, in: A. Singer (Hrsg.), A Touch of Genius. The Life, Work, and Influence of E. Evans-Pritchard, 2023.
Mit freundlicher Unterstützung der
Der Sozialanthropologe und ifk Stadt Wien Fellow David Shankland präsentiert am 18. Jänner 2024 um 16 Uhr im Rahmen einer ISA – International Guest Lecture an der ÖAW eine Langzeitstudie über ein alevitisches Dorf sowie jene Bewohner:innen, die nach Österreich oder Deutschland gezogen sind und diskutiert seinen methodischen Zugang in einem größeren Kontext. www.oeaw.ac.at
This lecture outlines a number of parameters to illustrate the way that the Alevi Turkish community has become established in Europe from its origins in the 1960s until today, with a particular emphasis on Germany and Austria.