Eberhard Ortland
ifk Research Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. Oktober 2006 bis 31. Januar 2007

Genie und Arbeit



PROJEKTBESCHREIBUNG

Ein Genie ist jemand, der es nicht nötig hat zu arbeiten, der zur Arbeit gar nicht zu brauchen ist – und der dennoch etwas hinkriegt, das ihm keiner nachmachen kann. Wie ein Irrlicht begleitet der Traum vom mühelosen Gelingen außerordentlicher Leistungen, der in dieser Vorstellung vom Genie zum Ausdruck kommt, die Ausbildung der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft. Doch bevor der Geniebegriff (seit Mitte des 18. Jahrhunderts) zur Distanzierung gegenüber der Nötigung zur Arbeit in Anspruch genommen werden konnte und zum Wunschbild uneingeschränkter Selbstverwirklichung überhöht wurde, fungierte er als Kategorie für die natur- oder gottgegebene Qualifikation der Individuen zu einer je bestimmten Tätigkeit. Die Absetzungsbestrebungen des Genies von der Arbeitsdisziplin und ihr Gegenbild, seine Überhöhung zum prometheischen Allein- oder Vor-Arbeiter, werden erst verständlich, wenn sie auf die Geschichte der Arbeitserfahrungen bezogen werden. Die Zusammenführung von Begriffsgeschichte des Geniegedankens und Sozialgeschichte der Arbeit erschließt einen in der bisherigen Diskussion weitgehend vernachlässigten Zugang zum Genieproblem und zugleich eine neue Perspektive auf die uns weiterhin in Atem haltenden Auseinandersetzungen um die Verteilung der Arbeiten.



CV

Lehrbeauftragter u. a. an der FU Berlin, UdK Berlin, Universität Leipzig



Publikationen

Genie, in: Karlheinz Barck u. a. (Hg.), Ästhetische Grundbegriffe, Bd. 2, Stuttgart 2001, S. 661–709; Ästhetik als Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis. Ansätze zur Wiedergewinnung von Baumgartens uneingelöstem Projekt, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 49, 2, 2001, S. 257–274; Genieästhetik, in: Helga de la Motte-Haber (Hg.), Musikästhetik, Laaber 2004, S. 263–285; Urheberrecht und ästhetische Autonomie, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 52, 5, 2004, S. 773–792; Copyright & Art (mit Reinold Schmücker), in: German Law Journal, 6, 12, 2005, S. 1762–1777.