Denkkollektive des Umweltwissens. Das Wiener Institut für Soziale Ökologie zwischen Wissenschaft, Politik und Medien (1970er–1990er)
Ob in Wien oder Berlin, in Vermont oder Montevideo – seit Ende der 1970er-Jahre wurden weltweit sozialökologische Zentren ins Leben gerufen. Aufgrund der Umweltkrise taten sich Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und zivilgesellschaftliche Gruppen zusammen, um neue Perspektiven auf Mensch-Umwelt-Relationen zu entwickeln und die Politik zu informieren. Welche Gruppendynamiken zeichneten jene Zusammenschlüsse aus, die angelehnt an Ludwik Flecks Wissenschaftstheorie als »Denkkollektive« gelten können? Auf welche Weise prägte insbesondere das Institut für Soziale Ökologie in Klagenfurt und Wien Wissen zur Begegnung der Umweltkrise? Das Forschungsprojekt Denkkollektive des Umweltwissens untersucht die Gründungsphase von sozialökologischen Forschungszentren im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Geistes- und Naturwissenschaftler*innen, Medienschaffenden und Aktivist*innen.
Als Medien-/Kulturwissenschaftlerin verbindet Lisa Cronjäger Perspektiven der Wissenschafts- und Umweltgeschichte. Nach Studium und Promotion in Berlin, Helsinki und Basel ist sie seit 2024 Postdoktorandin im fernsehhistorischen Forschungskollektiv an der Universität Lausanne.
Ihre Doktorarbeit Umtriebszeiten. Forsteinrichtungskarten und die Umwandlung von Wäldern im 19. Jahrhundert erscheint 2025 in der Reihe Historische Wissensforschung im Wallstein Verlag. In dieser Studie untersuchte sie die Visualisierungsverfahren von Forstkarten, die eine nachhaltige Forstwirtschaft gewährleisten sollten und letztendlich Monokulturen vor Augen führten. In ihrer Forschung geht es oft darum, Wissensproduktion und Bildgebungsverfahren im Kontext von Ressourcenkonflikten und politischen Bewegungen zu untersuchen: angefangen mit den im 19. Jahrhundert in Europa gegründeten Forstakademien über sozialökologische Forschungszentren während der Umweltbewegungen der 1970er- und 1980er-Jahre bis zu geisteswissenschaftlichen und aktivistischen Perspektiven auf die Klimakrise in der Gegenwart.
Umtriebszeiten. Forsteinrichtungskarten und die Umwandlung von Wäldern im 19. Jahrhundert, Göttingen: Wallstein 2025 (im Erscheinen).
»Sanft ist schön. Die bewegten Bilder der angepassten Technologie in den 1970er- und 80er-Jahren«, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 75, 2025 (im Erscheinen).
»Umtriebszeiten und planetare Grenzen. Bildmuster der maximalen Ausnutzung natürlicher Ressourcen«, in: Traverse – Zeitschrift für Geschichte 1/2024, S. 86–104. https://revue-traverse.ch/ausgabe/2024-1/
»On the Exactly Balanced Use of Nature and Its Representation«, in: History of Humanities. Forum Section: The Promises of Exactitude (edited with Aurea Klarskov, Antoina von Schöning, Mario Wimmer), Vol. 7, No. 2, 2022, S. 161–175. (DOI: https://doi.org/10.1086/721307)
» Bäume für das neue Jahrtausend. Die Vorstellung einer genauen Ressourcenverwaltung im Kreislaufprinzip«, in: Larissa Dätwyler, Aurea Klarskov, Lucas Knierzinger (Hg.), Imagination und Genauigkeit. Verschränkungen in Künsten und Wissenschaften, Berlin: Neofelis 2021, S. 137–154. Open Acess: https://neofelis-verlag.de/media/pdf/f0/52/f0/OA_9783958083875.pdf
Sechs Jahre nach dem Beginn der Fridays for Future-Proteste fragen sich viele: Wie geht es weiter mit der Klimabewegung angesichts der multiplen Krisen unserer Gegenwart? Es lohnt sich ein Blick in die Geschichte, um die komplexen Gruppendynamiken zu verstehen, die nach den Umweltbewegungen der 1970er- und 1980er-Jahre zu politischen Reformen und neuen Rahmenkonzepten geführt haben.