Tomás Hofer
ifk Senior Fellow


Zeitraum des Fellowships:
01. März 2002 bis 30. Juni 2002

"Volkskultur" in der Monarchie 1850-1918



PROJEKTBESCHREIBUNG

Als die Metropolen in Zentral- und Osteuropa in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich in ihrer modernen urbanen Gestalt ausbildeten, wurden ihnen gegenüber farbenreiche Dorfkulturen immer sichtbarer.
Diese wurden damals freilich noch nicht mit dem Terminus "Kultur" erfaßt, die großen Landesausstellungen, Trachtenaufzüge und Volksfeste lenkten aber die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Dörfer und auf die ihren BewohnerInnen eigene Lebensweise. Neben den ökonomischen, touristischen, philanthropischen oder nationalen Interessen an der Provinz trat die Volkskunde als eine neue wissenschaftliche Disziplin auf.
Die Entwicklung der Volkskunde ging in den Ländern Europas unterschiedliche Wege. Allerorts paßte sie sich den gegebenen sozialen und geschichtlichen Umständen an - ein Umstand, der bis jetzt kaum systematisch analysiert wurde.

Im Zeitalter Franz Josephs hatte die Volkskunde (und die damalige "Volkskultur") in Ungarn einen anderen Stellenwert in den nationalen Identitätskonstruktionen als in Österreich. Das Projekt am IFK nähert sich der Eigenart der ungarischen Volkskunde durch Vergleich mit der Österreichischen Volkskunde und durch die Untersuchung ihrer wechselseitigen BeziehungenDie ungarischen Forscher betrachteten sich als "Völkerkundler"; manche von ihnen unternahmen Expeditionen zu sprachlich verwandten Stämmen in Sibirien und Mittelasien. Man kann in diesen andersartigen Stellungnahmen sicherlich auch die Auswirkungen einer anderen politischen Kultur, einer anderen Philosophie spüren, als sie in der anderen- kulturell viel weiter entwickelten- Österreichischen "Reichshälfte" gängig war.



CV

Dr. phil., Museumsdirektor i. R., Lehrbeauftragter an der L.-Eötvös-Universität, Budapest. Gastprofessuren an der University of Chicago (1966-67), in North Carolina (1971 ), Rutgers University (1990), Woodrow Wilson Center, Washington (1991), Tübingen, Münster (1992), EHESS, Paris (1996).