28 Januar 2019
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IFK

„PRIVATSACHE“ ODER „VERBESSERUNGSANTRAG“? DIMENSIONEN MUSIKALISCHEN BEARBEITENS

18:15
Brief von Ferruccio Busoni an Arnold Schönberg, Berlin, 26. Juli 1909, Aufbewahrungsort: The Library of Congress | Music Division, Washington D.C., Bild-Quelle: Arnold Schönberg Center Wien.

Im Februar 1909 verfasste Arnold Schönberg die ersten zwei Nummern der späteren „Drei Klavierstücke op. 11“. In einem Brief vom 13. Juli des Jahres bat er den in Berlin tätigen Pianisten und Komponisten Ferruccio Busoni um eine Aufführung der Stücke. Nach Erhalt der Manuskripte zeigte dieser großes Interesse – jedoch nicht an einer Aufführung.

 Stattdessen begann Busoni, das Stück nach seinen Vorstellungen umzuarbeiten, denn ihm behagte weder das „Asketische des Klaviersatzes“ noch der „unnütze Verzicht auf schon Errungenes“. Schönberg störte sich keineswegs an der Tatsache der Bearbeitung, Anstoß nahm er erst an Busonis Vorschlag einer gemeinsamen Publikation beider Fassungen.

Der Briefwechsel, der seither in der Musikforschung häufig zitiert wurde, wird im Vortrag einer neuen Lesart unterzogen. Tom Wappler fragt aus (musik)historisch-praxeologischer Sicht, inwiefern die (historiografisch oft vernachlässigte) Praktik des Bearbeitens von Musik ein Verhandeln von unterschiedlichen Positionen bedeutete, an dem sich nicht zuletzt auch Verlage beteiligten. Ausgehend vom Korrespondenzbeispiel werden die vielseitigen Verwendungsweisen und Zuschreibungsmuster von musikalischen Bearbeitungen im frühen 20. Jahrhundert vorgestellt und ihre Verknüpfung mit weiteren Praktiken und musik-kulturellen Kontexten thematisiert.

 

 

Tom Wappler studierte Musikwissenschaft und Anglistik/Amerikanistik in Halle-Wittenberg und Oldenburg. Seit 2014 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Kulturgeschichte der Musik am Institut für Musik in Oldenburg und derzeit IFK_Junior Fellow.

 

Publikationen (u. a.): „Praxistheoretischer Grundriss musikalischer Intertextualität in der Wiener Oper Ende des 18. Jahrhunderts", in: Carola Bebermeier und Melanie Unseld (Hg.), La cosa è scabrosa. Das Ereignis „Figaro“ und die Wiener Opernpraxis der Mozart-Zeit, Wien, Köln, Weimar 2018, S. 83–106; „Mit und an Intertextualität erinnern. Erik Saties musikalische Verweise in den Klavierkompositionen aus dem Jahr 1913“, in: Lena Nieper und Julian Schmitz (Hg.), Musik als Medium der Erinnerung. Gedächtnis – Geschichte – Gegenwart, Bielefeld 2016, S. 113–133.

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