Eine Fotografie von 1946 zeigt die Tänzerin und Choreografin Lea Bergstein (1902–1989) auf sandigem Grund, unter freiem Himmel tanzend. Aufgenommen vor Palmen und Zypressen, steht diese expressive Pose sinnbildlich für Bergsteins Suche nach einem eigenständigen körperlichen Ausdruck im neuen hebräischen Tanz.

Lea Bergstein gilt als die Pionierin des neuen hebräischen Volkstanzes. Doch ihre tänzerische Ausbildung erhielt sie im Kontext der europäischen Tanzmoderne Wiens und Deutschlands. Nachdem sie 1925 nach Palästina unter britischem Mandat emigrierte, widmete sie dort ihre künstlerische Arbeit der Entwicklung einer hebräischen Volkstanz- und Festkultur. Tanz fand als unmittelbarer körperlicher Ausdruck innerhalb des zeitgenössischen zionistischen Diskurses besondere Beachtung, da ein neues jüdisches Körperideal geprägt werden sollte. Während Bergsteins Werk exemplarisch für einen spezifisch hebräischen Tanz steht, bleibt in ihrer choreografischen Arbeit und in ihrem gestischen Repertoire eine starke Verbindung zum zentraleuropäischen modernen Tanz bestehen. Lukas Bengough beleuchtet die Erfindung des hebräischen Tanzes aus der europäischen Tanzmoderne anhand einschlägiger Tanzszenen, die meist von Amateurfotograf*innen in Zentraleuropa und Palästina festgehalten wurden. Dieses »Körper-Archiv« zeigt Kontinuitäten und Brüche in Bergsteins tänzerischer Praxis und wirft die Frage nach dem archivarischen Potenzial des performativen Körpers selbst auf.

Lukas Bengough studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien und Theaterregie an der Universität Tel Aviv. Er war an zahlreichen Theaterproduktionen in Europa und Israel beteiligt und unterrichtet seit 2015 an der Universität Tel Aviv. 2018/2019 bearbeitete er als Stipendiat des Franz Rosenzweig Minerva Research Center der Hebräischen Universität Jerusalem das deutschsprachige Verwaltungsarchiv des hebräischen Habima-Theaters und forscht seither dazu am Israeli Center for the Documentation of the Performing Arts an der Universität Tel Aviv. Er schreibt seine Dissertation zum Werk Lea Bergsteins an der Universität Tel Aviv und an der Paris Lodron Universität Salzburg und ist derzeit IFK_Junior Fellow.

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