17 März 2014
  • Lecture
IFK

TRANSNATIONAL – GLOBAL – DETERRITORIAL?

Wie nähert sich eine Disziplin wie die Sozialanthropologie, deren Feld und Fokus seit jeher eng mit „dem Lokalen“ verbunden waren, unserem heute intensiv vernetzten Alltag? Anhand ihres Forschungsprojekts über junge palästinensische MigrantInnen geht Eva Kössner der Frage nach, wie anthropologische Forschung in Konzeption, Methode und Theorie transnationale Lebenswelten erschließen kann.

 

Die Geschichte der Anthropologie ist eng mit der Herausbildung ethnografischer Feldforschung verbunden. Ein ausgedehnter Aufenthalt im untersuchten Feld, allem voran mit intensiver teilnehmender Beobachtung lokaler Praktiken, gilt heute noch als das zentrale methodische Moment und dient als solches auch der Abgrenzung gegenüber verwandten Disziplinen. Trotzdem – und gerade deshalb – ermöglichen sozialanthropologische Ansätze, sich den Kontinuitäten und Brüchen transnational vernetzter Lebenswelten anzunähern. Eva Kössner zeigt dies anhand ihrer Frage nach den Erinnerungen junger PalästinenserInnen an die Zeit der Oslo-Verhandlungen in den 1990er-Jahren. Obwohl der Oslo-Prozess gemeinhin als gescheitert gilt, ist der Einfluss dieser Abkommen auf die palästinensische Bevölkerung der besetzten Gebiete und die palästinensische Nationalbewegung als Ganzes auch zwanzig Jahre danach immens. Junge PalästinenserInnen aus dem Westjordanland erinnern diese Zeit heute oft in sehr heterogenen Kontexten. Im Rahmen von Erinnerungsprozessen ordnen und bewerten sie Erlebtes und rekonstruieren so auch ihre aktuellen Lebenswelten – Lebenswelten, die in besonderem Ausmaß transnational sind, leben doch palästinensische Familien durch die politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts vielfach über den ganzen Erdball verstreut. Davon ausgehend zeigt der Vortrag, dass nicht nur die Phänomene in ihrem Blickpunkt, sondern auch die Anthropologie selbst transnational, global und deterritorial sein kann.

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Ort: IFK