19 März 2019
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IFK
Axel Dossmann, Susanne Regener

Fabrikation eines Verbrechers: Ein Kriminalfall als Mediengeschichte

18:15

 

„Kopf des Massenmörders Bruno Lüdke“, behauptet das Schild auf dem Sockel einer Büste. Im Jänner 1944 war dieses Artefakt rassistischer Kriminalpolitik in Wien hergestellt worden, es steht bis heute in der Gerichtsmedizinischen Sammlung des Josephinums. Auch diese Büste wird neben Tatort-Fotografien, Protokollen und Illustriertenberichten zum Kriminalfall in der Studie „Fabrikation eines Verbrechers“ gezeigt, diskutiert, in Kontexte gesetzt. Was kann uns dieser Fall über Konstruktionen des Bösen und Anormalen in Diktatur und Demokratie und die Gegenwart von Fake News begreifen lassen? 

Die Ermordung des Berliner Kutschers Lüdke in Wien drei Monate nach Herstellung der Kopf-Moulage blieb zunächst „Geheime Reichssache“ der SS. Doch bald nach dem Krieg erschienen in Deutschland Kolportagen, die die Kripo-These vom Massenmörder bis in die 1990er-Jahre lebendig hielten. Rudolf Augstein sprach im „Spiegel“ von Lüdke als „zurückgebliebenem Neanderthaler“. Für Regisseur Robert Siodmak war die Figur des geisteskranken Serientäters ein idealer Stoff für seine filmische Parabel auf das Dritte Reich in „Nachts, wenn der Teufel kam“ (1957). Susanne Regener und Axel Doßmann haben jetzt gemeinsam mit Spector Books Leipzig eine Visual History zu diesem Fall erarbeitet. Ihr Material- und Methodenbuch über Kriminalität, Gewalt und rassistische Menschenbilder versucht die Potenziale des wissenschaftlichen Sachbuches neu auszuschöpfen. Mit ihnen und Publikum diskutieren Christiane Druml (Medizinische Universität Wien) und Peter Becker (Universität Wien).

 

Fabrikation eines Verbrechers. Der Kriminalfall Bruno Lüdke als Mediengeschichte, Leipzig: Spector Books 2018, 332 Seiten, 386 Abb.

Im Buch blättern: Spector Books

 

Axel Doßmann, Historiker, Akademischer Rat am Lehrstuhl für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit der Universität Jena.

Susanne Regener, Kulturwissenschafterin, Professorin für Mediengeschichte/Visuelle Kultur der Universität Siegen.

Ort: IFK