Er ist der Prototyp eines einsamen Helden und doch nie allein: Schon lange bevor der schiffbrüchige Robinson Crusoe auf den „Wilden“ Freitag trifft, sind imaginierte und echte Tiere seine ständigen Begleiter. Der der Zivilisation verlustig gegangene Kaufmann muss sich nun fragen: Wie ist eine Kultivierung der Insel mit und gegen die Tiere möglich?
Seit dem 18. Jahrhundert bildet das Gedankenexperiment vom einzelnen, aus allen gesellschaftlichen Bindungen herausgelösten Menschen eines der großen Phantasmen der Literatur – am wirkmächtigsten erkennbar in der Figur des Robinson Crusoe im gleichnamigen Roman von Daniel Defoe, der „ganz allein auf einer unbewohnten Insel […] lebte“ und erst in seinem Diener Freitag die herbeigesehnte Gesellschaft fand. Allerdings verdeckt die Vorstellung vom einsamen Protagonisten, dass Robinson auch vor der Begegnung mit Freitag nicht allein auf der Insel ist – von Beginn an sind imaginierte und reale Tiere seine ständigen Begleiter. Bereits direkt nach der Strandung ist es die Antizipation wilder Tiere, die Robinson zu einer Befestigung, Einzäunung und Grenzziehung antreibt. Die Kultivierung der Insel sowie Robinsons Stabilisierung seiner humanen Identität verlaufen von hier an parallel zur Domestikation und Vergesellschaftung der Tiere, selbst die Erziehung Freitags lässt sich als Fortsetzung einer zunächst an den Tieren vollzogenen Kulturarbeit verstehen. Ausgehend von dieser Beobachtung wird in der Tagung nach einer Politik und Poetik der Tiere in Defoes „Robinson Crusoe“ sowie bei dessen literarischen und filmischen Nachfolgern gefragt. Diskutiert werden neben Defoes Roman die Adaptionen von Johann Carl Wezel, Joachim Heinrich Campe, Johann David Wyss, Jules Verne, Hugo von Hofmannsthal, Luis Buñuel und J.M. Coetzee.
TEILNEHMERINNEN: Friedrich Balke (Fakultät Medien, Bauhaus-Universität Weimar), Benjamin Bühler (Zentrum für Literatur und Kulturforschung Berlin), Julika Griem (Institut für England- und Amerikastudien, Universität Frankfurt/Main), Isabel Karremann (Department für Anglistik und Amerikanistik, Ludwig-Maximilians-Universität München), Marc Klesse (Institut für deutsche Philologie / Neuere deutsche Literaturgeschichte, Universität Würzburg), Sabine Nessel (Institut für Theaterwissenschaft, Freie Universität Berlin), Sebastian Schmideler (Abteilung Germanistik, Universität Bielefeld), Ulrike Stamm (Institut für deutsche Literatur, Humboldt-Universität zu Berlin)
KONZEPTION: Roland Borgards (Institut für deutsche Philologie / Neuere deutsche Literaturgeschichte, Universität Würzburg), Alexander Kling (Institut für deutsche Philologie / Neuere deutsche Literaturgeschichte, Universität Würzburg)
Ein Reader mit vorbereitender Literatur zur Tagung steht Ihnen hier zu Verfügung.
(Das Passwort kann unter schreiner@ifk.ac.at angefragt werden)
Ort: IFK
Abstracts_Robinsons Tiere.pdf (143,2 KiB)
Programm_Robinsons Tiere.pdf (104,5 KiB)
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